Mittelalter: Die Unabhängigkeitskriege


INHALT
  • das 13. Jh. war in Schottland ein “goldenes Zeitalter”

  • als der schottische Thron vakant wurde, sah der englische König Edward I seine Chance

  • er deklarierte die Schotten als seine Untertanen und plünderte das Land

  • die zwei Nationalhelden der darauffolgenden Rebellion: William Wallace und Robert the Bruce

  • William Wallace wurde bekannt als “Braveheart” und Robert the Bruce sicherte als König Robert von Schottland die Unabhängigkeit des Landes für fast 400 Jahre

Die Unabhängigkeitskriege in Schottland (1291-1328)

Die Könige aus dem Haus der Canmores sind sowas wie die inoffiziellen Gründer Schottlands: Sie waren es, die erstmals die Gebiete des heutigen Schottlands in einem Königreich vereint und damit ein „Goldenes Zeitalter“ eingeläutet haben.

Dank dieser umsichtigen Herrscher war Schottland im 13. Jahrhundert ein gleichberechtigter Partner von England, mit einer vertraglich festgelegten Grenze zwischen beiden Königreichen (1237). Eine Verbindung, die durch die Ehe des schottischen Königs Alexander III. mit der Schwester des englischen Königs Edward I. zusätzlich gefestigt worden war.

Außerdem hatte Alexander III. die Wikinger in der Schlacht von Largs (1263) besiegt und die Hebrideninseln wieder unter schottische Herrschaft gebracht (1266).

Die friedliche Koexistenz hatte jedoch ein jähes Ende als im Laufe des Jahres 1290 nicht nur Alexanders Frau und Kinder starben, sondern auch er bei einem Reitunfall umkam. Die letzte Thronfolgerin der Canmore-Linie – Margaret, seine Enkelin aus Norwegen – starb kurze Zeit später auf der Überfahrt nach Schottland an der Seekrankheit.

Um die daraus entstehende Nachfolgedebatte schnell zu bereinigen, baten die Schotten ihren Verbündeten Edward I. die Rolle des neutralen Schlichters einzunehmen. Seine Hilfe stellte sich jedoch als nicht ganz so uneigennützig heraus, da er kurzerhand den von ihm auserwählten Kandidaten, John Balliol, zwang, ihm den Lehnseid zu schwören.

Am Eingang des Edinburgh Castle wachen die Statuen der schottischen Nationalhelden von Robert the Bruce und William Wallace.
Das Monument von Robert the Bruce in Stirling vor dem Hintergrund des Wallace Monuments.

In seiner neuen Position als Oberkönig begann er auch direkt, die Schotten systematisch auszunutzen und auszubeuten: Er zwang z.B. das schottische Militär ihm in seinem Kampf gegen die Franzosen zu unterstützen, obwohl diese seit 1173 alliiert waren; selbst Balliol wurde von ihm in den Kampf beordert.

Dass sich die Schotten dies nicht lange gefallen ließen, ist wenig überraschend: 1295 wurde die Auld Alliance mit Frankreich erneuert und man zog gemeinsam gegen England in den Krieg.

Die Reaktion Edwards I. brachte ihm seinen Spitznamen “Hammer of the Scots” ein.

Er griff die schottischen Städte an und tötete alleine in Berwick-upon-Tweed zwei Drittel der Bevölkerung (was damals immerhin ca. 7.500 Menschen waren).

Er zwang John Balliol, die königlichen Insignien Schottlands zu übergeben und hielt ihn im Tower von London gefangen, bevor er ihn ins Exil nach Frankreich schickte. Er plünderte das Land und stahl u.a. den Stone of Scone, den schottischen Krönungsstein, den er in einen eigens dafür gebauten Krönungsstuhl in Westminster einbauen ließ, wo er bis zu seiner Rückkehr nach Edinburgh im Jahre 1996 bleiben sollte.

Als nächstes ließ er sich vom schottischen Adel unter Waffengewalt als rechtmäßiger schottischer König anerkennen. Er erhob wahnwitzige Steuern, schikanierte und drangsalierte das Volk und ließ Schottland durch einen brutalen Statthalter regieren. All dies führte zur Rebellion unter der schottischen Bevölkerung, die wir heute die Unabhängigkeitskriege nennen.

Unter den zahlreichen Kämpfen, Belagerungen und Scharmützeln, die diese Rebellion kennzeichneten, stechen zwei schottische Kämpfer besonders hervor: William Wallace und Robert the Bruce.

William Wallace (ca. 1270-1305)

Alles, was wir heutzutage über den schottischen Helden wissen, stammt im Grunde aus einer Abenteuergeschichte, die über 150 Jahre nach den Ereignissen verfasst wurde. Das einzige, was sicher scheint, ist dass William Wallace aus einfachen Verhältnissen stammte – er war der dritte Sohn eines verarmten Ritters, konnte jedoch lesen und schreiben –, was ihm später einen großen Rückhalt in der Bevölkerung sichern sollte.

Es scheint, als habe Edwards Statthalter in Schottland, der Sheriff von Lanarkshire,  Wallaces Frau getötet, woraufhin Wallace wiederum den Sheriff erschlug, was ihn zum Gesetzlosen machte. Mit der Unterstützung des örtlichen Bischofs versammelte Wallace jedoch schnell weitere Leute um sich und begann einen erfolgreichen Guerillakrieg gegen die Engländer – eine Taktik, die schon gegen die Römer in Schottland erfolgreich gewesen war und sich im Laufe der Jahrhunderte als schottische Spezialität erweisen sollte.

Seinen Ehrennamen “Braveheart” und seinen Status als erster schottischer Nationalheld errang er vor allem durch seinen Sieg in der Schlacht an der Stirling Bridge am 11. September 1297, wo er in einer taktischen Meisterleistung mit nur 2.300 Männern das ca. 12.000 Mann starke englische Heer besiegte.

Allerdings sank Wallaces Stern bereits kurze Zeit später: Die Adligen wollten den einfachen Bürger in ihren Reihen schnell wieder loswerden und sahen vor allem ihre englischen Ländereien in Gefahr, also verrieten sie ihn an Edward.

Dieser verurteilte Wallace daraufhin in einem riesigen Schauprozess in Westminster Hall zum Tode. Er und viele seiner Anhänger wurden kurze Zeit später als Warnung für die Schotten öffentlich gefoltert und hingerichtet.

Für viele Schotten steht “Braveheart” für das freie, unabhängige Schottland und ist einer der wichtigsten Nationalhelden. Andere kennen ihn vor allem aus dem gleichnamigen Hollywoodfilm mit dem Australier Mel Gibson als schottischer Freiheitskämpfer.

Robert the Bruce (1274-1329)

Robert the Bruce hingegen stammte aus adligen Verhältnissen, und nicht nur das: Er war Mitglied einer der mächtigsten Familien Schottlands.

Anfangs kämpfte er auf Seiten Edwards, um seine englischen Ländereien zu schützen. Wie viele seiner adligen Freunde und Familienmitglieder war er kein Fan von William Wallaces Rebellion. Als die schottischen Bischöfe ihn jedoch als Thronfolger vorschlugen, sah er seine Chance und wechselte die Seiten.

Der große Kampf, der Bruce zum schottischen König und Nationalhelden werden ließ, fand ebenfalls wieder in Stirling, genauer gesagt in Sumpfgebiet von Bannockburn statt. Sein Gegner war Edward II, der Sohn des mittlerweile verstorbenen “Hammer of the Scots”.

Am 24 Juni 1314 trafen beide Heere aufeinander, 17.000 Engländer gegen 6.500 Schotten.

Aber auch hier war Taktik und Kenntnis der Gegend der Hauptgrund für den überragenden Sieg der Schotten.

Robert the Bruce sollte sich auch als recht fähiger König herausstellen: In seiner Regentschaft sorgte er mit seinen staatsmännischen Talenten für (Rechts-)Frieden, der Handel blühte und er sicherte mit dem Vertrag von Edinburgh 1328 die Unabhängigkeit Schottlands, die immerhin bis zur Union 1707 andauerte.

Declaration of Arbroath (1320)

Um seine Thronbesteigung auch offiziell zu bestätigen, schrieb Robert the Bruce im Jahre 1320 einen Brief an den Papst. Zusammen mit seiner Bitte wurden zwei weitere Schriftstücke mit derselben Zielsetzung an das Kirchenoberhaupt geschickt: ein Brief vom schottischen Klerus und einer vom schottischen Adel.

Der Brief des Adels ist als einziges erhalten geblieben und da er in Arbroath Abbey verfasst wurde, ist er heute als Deklaration von Arbroath bekannt. Die folgende Passage der Deklarationhat in Schottland auch heute noch eine große Bedeutung:

„Denn solange Hundert von uns am Leben sind, werden wir uns nie, unter welchen Bedingungen auch immer, der englischen Herrschaft unterwerfen. Denn wir kämpfen nicht für Ruhm oder Reichtum noch Ehre, sondern für Freiheit allein, welche kein tapferer Mann aufgibt, es sei denn mit seinem Leben.“