Die schottischen Jakobitenaufstände


INHALT
  • die Jakobiten wurden nach ihrem König James, (lat. Jacobus) benannt

  • in den Aufständen kämpften Katholiken gegen Protestanten, Stuart-Anhänger gegen Königstreue

  • es gab viele kleinere Rebellionen zwischen 1689 und 1744

  • die größte Rebellion wurde von Bonnie Prince Charlie angeführt

  • die Jakobiten wurden 1746 bei Culloden verheerend geschlagen und die Highland-Kultur vernichtet

  • der Kilt, die gälische Sprache und der Dudelsack wurden verboten, die Clans entwaffnet und in Verruf gebracht

  • in den darauf folgenden Jahrzehnten wurden viele Schotten vertrieben, um Platz für die Schaf- & Rinderzucht zu machen

  • noch heute leben mehr Schotten außerhalb von Schottland als in Schottland

Die Jakobitenaufstände

Die Reformation in Schottland hatte deutlich mehr mit machtpolitischen und dynastischen Dingen zu tun denn mit Glaubensfragen: Die katholische Maria Stuart wurde von Protestanten zur Abdankung gezwungen und ihr Enkel Charles I. verlor der Religion wegen sogar seinen Kopf.

Sein Sohn, Charles II., versuchte es dann heimlich: Mit einem Pakt mit dem katholischen Ludwig XIV. von Frankreich, in dem er versprach, sich und Großbritannien wieder in den Schoß der katholischen Kirche zu holen. Als er starb, erklärte er seinen katholischen Bruder James zum Nachfolger und konvertierte selbst auf dem Totenbett zum Katholizismus (► mehr zur schottischen Religion).

Da konnte natürlich nur zum Aufruhr führen: Bürger und Adel protestierten und baten den protestantischen Wilhelm von Oranien von Holland und dessen Frau Maria (die James’ Tochter war) die Gegenreformation der Katholiken mit einer Glorreichen Revolution zu stoppen. Wilhelm und Maria nahmen dankend an und vertrieben James VII von Schottland und II von England mitsamt seiner katholischen Familie ins französische Exil.

Diese “Revolution von oben” hinterließ jedoch ein geteiltes Land, da gerade in den Highlands noch viele Menschen katholisch waren.

Und, wie die Schotten nun mal so sind, lassen die sich ja ungern sagen, was sie zu tun und zu glauben haben. Aber dann auch noch ihren geliebten Stuart-König absetzen – das ging dann doch zu weit.

Der Bürgerkrieg, der sich daraufhin entwickelte, wird heute als die Jakobitenaufstände bezeichnet, die Schottland für über 50 Jahre bei Atem halten sollten. 

Am Jacobite Memorial in Glenfinnan versammelte Bonnie Prince Charlie zum grössten schottischen Jacobitenaufstand.
Das Glenfinnan Monument am Loch Shiel erinnert an die grösste Rebellion der schottischen Jacobiten.
Auf dem Schlachtfeld von Culloden verloren die schottischen Jacobiten gegen den Duke of Cumberland.
Charles Stuart, auch Bonnie Prince Charlie, führte die grösste Jacobitenschlacht in Schottland an.

Der Name stammt von “Jakobus”, dem lateinischen Namen des vertriebenen Königs James.

Hier kämpften zur Abwechslung mal nicht Engländer gegen Schotten, sondern Katholiken gegen Protestanten mit Engländern, Schotten, Highlandern und Lowlandern auf beiden Seiten.

Battle of Killiecrankie (27.7.1689)

Der erste Kampf gegen die Machtübernahme der Protestanten fand bei Killiecrankie (Perthshire, Zentralschottland) statt und stellte den ersten Sieg der Jakobiten über die Königstreuen dar. Da allerdings der Anführer der Jakobiten, “Bonnie Dundee” (John Graham von Claverhouse, Viscount von Dundee), im Kampf fiel, war der Aufstand nur von kurzer Dauer.

König Wilhelm machte den Schotten gegenüber daraufhin Zugeständnisse und erkannte zumindest die presbyterianische (reformierte) Kirche Schottlands wieder an. Aber das half den katholischen Highland Clans natürlich gar nicht. Um diese in Schach zu halten, fing man an, eine Garnison in Fort William an der Westküste der Highlands zu bauen.

Massaker von Glen Coe (13.2.1692)

Eine weitere Machtdemonstration Wilhelms folgte kurze Zeit später, als den jakobitischen Clanchiefs Amnestie im Austausch für ihren Treueeid angeboten wurde. Viele nahmen das Angebot sofort an, andere warteten erst auf Nachricht von James in Frankreich, da sie auf eine schnelle Rückkehr hofften. Für letztere wurde die Zeit am Ende jedoch ein wenig knapp, vor allem für die MacDonalds von Glen Coe.

Diese kämpften sich im tiefsten Winter durch Schnee und Eis und schafften es so gerade eben noch, den Eid vor ihrem zuständigen Sheriff abzulegen. Einigen Leuten im Gefolge des Königs war dieses Verhalten jedoch ein Dorn im Auge und so beschloss man, an diesem Clan ein Exempel zu statuieren und damit allen zukünftigen Rebellionen den Garaus zu machen.

Und so war es der Herzog von Argyll, Clanchief der protestantischen Campbells und Langzeitrivale der MacDonalds, der sich mit 120 seiner Männer nach Glen Coe aufmachte. Dort bat man um Unterkunft und ließ sich wie es bei den gastfreundlichen Highland Clans üblich war bewirten und feiern.

Eines Nachts jedoch bekamen die nichts ahnenden Campbells den Befehl von ihrem Clanchief, ihre Gastgeber des Nachts im Schlaf zu töten – egal, ob jung, alt, Mann, Frau oder Kind.

Das Massaker von Glen Coe kostete nicht nur 78 MacDonalds das Leben, sondern prägte auch die Wahrnehmung der Highland-Clans im Rest des Landes, vor allem das der Campbells. Und anstatt die Aufstände im Keim zu ersticken, schürte es die Rebellion unter den Stuart-Anhängern in den schottischen Highlands nur noch mehr.

Der Aufstand von 1715 (“The Fifteen”, Battle of Sheriffmuir)

Nach der Herrschaft von Maria II. und Wilhelm III. folgte Queen Anne, die letzte der protestantischen Stuarts auf dem britischen Thron. Um die Thronfolge auch für spätere Generationen zu sichern, unterzeichnete sie nicht nur den Unionsvertrag von England und Schottland, sondern erließ auch, dass kein katholischer König auf dem britischen Thron sitzen darf und ernannte das protestantische Haus Hannover als ihre Thronnachfolge.

Das ließen die Jakobiten natürlich nicht auf sich sitzen, allen voran der französische König Ludwig XIV., der weiterhin die Sache der Stuarts unterstützte. Er rief sogar nach dem Tode von James VII. und II. dessen Sohn zu König James VIII. und III. aus. Im Jahre 1715 verdichteten sich auch die Pläne, den britischen Thron mit französischer Unterstützung zurückzugewinnen.

Allerdings verstarb der französische König kurz vor dem Beginn der Kämpfe und so war auch diese Rebellion nicht von langer Dauer. Gleichzeitig entzog der neue König in Paris den Stuarts seine Unterstützung und zwang die Familie von James VIII. und III. zur Flucht nach Rom.

Die Folge des erneuten Aufstands für die schottischen Highlands waren diesmal härter: Die rebellischen Highland-Clans wurden entwaffnet und zur besseren Kontrolle der Region wurde General Wade beauftragt, die Highlands mit Militärstraßen und Garnisonen zu erschließen.

Innerhalb von 12 Jahren wurden so 400 km Straßen gebaut, 40 Brücken und vier Garnisonen: Fort William, Fort George, Fort Augustus und die Ruthven Barracks bei Aviemore.

Die Schlacht von Glen Shiel (1719)

Kurz darauf versuchten die Spanier ihr Glück, ihre Kriegsgegner von der britischen Insel mit einem erneuten Aufstand in den schottischen Highlands zu schwächen. Wiederum nur mit bedingtem Erfolg.

Der Plan enthielt ein Ablenkungsmanöver mit ca. 300 Mann bei an der schottischen Westküste, während die gesamte spanische Flotte im Süden landen und London einnehmen sollte.

Doch während das Ablenkungsmanöver im Norden im vollen Gange war, wurde die spanische Flotte im Süden in einem Sturm zurückgedrängt. Viele Schiffe wurden zerstört, die übrigen musste in den sicheren Hafen zurück. Die spanischen und schottischen Rebellen im Norden mussten sich daraufhin ohne die angekündigte Verstärkung nach Glen Shiel flüchten, wo sie von den Hannoveranern aufgerieben wurden.

Der Aufstand von 1745 (“The Fourty-Five”, Culloden Moor)

Aber wenige Jahre später stand bereits der nächste Stuart in den Startlöchern:

Charles Edward Louis John Casimir Silvester Severino Maria Stuart, der Sohn von James VIII. und III. Oder auch einfach Bonnie Prince Charlie.

Dieser hatte sich von Rom nach Frankreich aufgemacht, wo er ungeduldig auf die Unterstützung des Königs wartete. Als es dem ungestümen jungen Mann zu bunt wurde mit der Warterei, nahm er sich zwei Schiffe, packte Waffen, Proviant und 700 Freiwillige auf das eine und sich mit seinen sieben Gefolgsleuten auf das andere und segelte einfach schon mal los. Für Ludwig hinterließ er einen Brief, in der er ihm mitteilte, dass er sich schon auf die französische Unterstützung bei seiner Machtergreifung freue.

Obwohl beide Schiffe inkognito segelten, wurden sie auf ihrer Reise nach Norden von der britischen Flotte angegriffen und eines so stark beschädigt, dass es umkehren musste. Praktischerweise war das natürlich das Schiff mit der Armee und den Waffen. So musste Charles Stuart also wieder von vorne anfangen und Geld, Männer und Waffen für seine Sache zusammenkriegen.

Als er die jakobitischen Clanchiefs in Glenfinnan 1745 unter seinem Banner versammelte, griff er daher zu einer List: Ein vermeintliches Bündnis mit Frankreich wurde erfunden ebenso wie eine riesige Armee, die bereits auf dem Wege nach England sei. Das ließen sich die Clansleute natürlich nicht zweimal sagen und schnell hatte Charles mit Hilfe seines Generals George Murray Edinburgh und Perth eingenommen.

Kurz darauf gelang ihm sogar ein vernichtender Schlag gegen die dezimierten Truppen von König George II.

Dieser war gerade mit dem österreichischen Erbfolgekrieg vollauf beschäftigt und so dauerte es nicht lange, bis Charles auch in England einmarschierte und ohne großen Widerstand bis nach Derby gelangte, was nur 150 km vor London liegt.

In der Hauptstadt packten damals König und Hofstaat bereits ihre Koffer, da man gehört hatte, dass bereits 10.000 Franzosen an der Südküste bereit stünden, um sich mit den Rebellen zu verbünden. Aber anstatt diese Situation auszunutzen, befahl Charles den Rückzug: Seine Männer waren hungrig, es war mittlerweile Winter geworden und sowohl die erhoffte Unterstützung in der Bevölkerung als auch aus Frankreich war bis dato ausgeblieben.

Unverrichteter Dinge zog sich die Rebellenarmee also zurück in den Norden. Die englischen Truppen waren ihnen jedoch natürlich sofort auf den Fersen. Und so wandelte sich der geregelte Rückzug nach Schottland in einen Lauf um die Zeit, der bei Culloden Moor (Inverness) sein jähes Ende finden sollte. Und so fand die Entscheidungsschlacht, die Charles so unbedingt haben wollte, zu den Konditionen der Hannoveraner auf heimischen Boden in Schottland statt und sollte den Aufständen ein für allemal einen Riegel vorschieben.

Am 16. April 1746 trafen 5.000 erschöpfte und demoralisierte Jakobiten auf 9.000 gut gerüstete und ausgeruhte Soldaten unter dem Kommando von William Augustus, Duke of Cumberland.

Die Schlacht war nach nur wenigen Minuten vorbei, die meisten Anhänger Charles’ wurden getötet oder flohen, inklusive des Prinzen selbst. Nachdem er sich mehrere Monate in den Highlands vor den Truppen Cumberlands versteckt hatte, floh er schließlich, als Dienstmädchen Betty Burke verkleidet, mit der Hilfe von Flora MacDonald nach Skye. Dort bestieg er ein Schiff nach Rom, wo er viele Jahre später übergewichtig, krank und als Alkoholiker starb.

Um die Stuarts von Rom zu ehren, ernannte der Papst ihn dennoch posthum zum König Charles III. von England, Schottland und Irland und baute ihm und seinem Vater im Petersdom ein Monument, in dem auch heute noch beide begraben liegen.

Flora MacDonald ist seitdem in Schottland eine große Volksheldin: Alleine auf ihrem Begräbnis fanden sich Tausende Schotten ein, der Zug zum Friedhof soll über 2 km lang gewesen sein. Sie wurde von einem Betttuch bedeckt begraben, das einst Charles gehört hatte. (► mehr zu Bonnie Prince Charlie)

Das Ende der Highland-Kultur

In Culloden haben die Jakobitenaufstände ein jähes Ende gefunden, aber auch die Highland-Clans wurden in den nachfolgenden Jahrzehnten fast ausgelöscht.

Auf königlichen Befehl wurden alle Clans entwaffnet, der Kilt, die gälische Sprache und der Dudelsack wurden verboten.

Viele Jakobiten wurden hingerichtet, in die Kolonien deportiert oder in Gefangenschaft genommen. Die rebellischen Clans verloren ihre Ländereien an Clans, die auf Seiten des Königs gekämpft hatten, oder an Engländer, die die Ländereien zum Dank für ihre Unterstützung bekamen.

Die Aufstände wurden ebenfalls genutzt, um die rebellischen Highlander in der breiten Bevölkerung in Verruf zu bringen. Für lange Zeit gehörte es zum guten Ton, alles „Schottische“ zu vermeiden und Englisch zu sein, sowohl in der Mode als auch in der Sprache.

Die Highland Clearances

Doch die Jakobitenaufstände hatten noch viel weitreichendere Folgen: Die Abschaffung der sozialen Strukturen der Clans hatte aus Clanchiefs Landbesitzer gemacht und aus ihren Clansmitgliedern Pächter. Und oftmals waren die neuen Landbesitzer sogar Unbekannte aus dem Süden wie z.B. englische Adlige oder Viehzüchter.

Wo früher der Reichtum der Clans also aus der Anzahl der Mitglieder bestand, zählte nun Besitz und Geld.

Und wo früher das Clansland jedem gehörte und man einen Anteil an den Clanchief zahlte, gab es nun ein anonymes Mieter-Vermieter-Verhältnis. Die Leute, die zuvor Ackerbau für die Bedürfnisse des Clans betrieben haben, sollten nun Geld verdienen, und zwar am besten mit der Schaf- und Rinderzucht. Aber dafür brauchte man Land und eine Menge Platz.

Also wurden kurzerhand die Pächter von ihrem Land vertrieben. Viele wurden an die Küste zwangsumgesiedelt, wo die an Berge und Landwirtschaft gewöhnten Menschen auf einmal vom Fischfang leben sollten. Damit die Leute nicht wieder zurück konnten – und um Platz für Weideland zu schaffen – wurden sogar Häuser und ganze Dörfer abgebrannt. Auf Skye wurden auf diese Weise alleine 40.000 Menschen vertrieben.

Einige wurden auch mit Gewalt auf Schiffe nach Amerika, Kanada oder Australien verfrachtet. Rein rechtlich gehörte das Land jetzt den Vermietern, nicht mehr dem gesamten Clan, also hatte man dem nichts entgegenzusetzen, außer vielleicht der eigenen Heugabel.

Wenn man sagt, dass es mehr Schotten außerhalb Schottlands gibt als in Schottland, dann hat das seinen Ursprung in diesen sogenannten “Highland Clearances”.

Denn neben den Vertriebenen zogen auch viele Menschen freiwillig in den Süden oder in die Kolonien, um dort ihr Glück zu versuchen. Man sagt, alleine von 1841-1931 seien 2,75 Mio. Schotten ausgewandert. Davon zeugen auch die vielen schottischen Städtenamen auf der ganzen Welt: Es gibt immerhin ganze 19 Dundees, 25 Glasgows, 39 Edinburghs und 75 Hamiltons außerhalb von Schottland.

Es sollte bis Ende des 19. Jahrhunderts dauern, bis die Rechte der Pächter in Schottland rechtlich geregelt wurden: 1886 wurde mit dem “Crofters Land Act” den Clearances ein Ende bereitet und den Crofters mehr Rechte und sogar das Wahlrecht zugestanden. ► Lesen Sie mehr im Kapitel zu den schottischen Highland Clearances.