Die Stuarts in Schottland


INHALT
  • James IV war der erste einflussreiche König der Stuart-Dynastie

  • Maria Stuart war die erste Stuart-Königin auf dem schottischen Thron

  • nur wenige der Stuarts starben eines natürlichen Todes

  • Konflikte zwischen Protestanten und Katholiken prägten die Regentschaften ab dem 16. Jh.

  • im 18. Jh. wird die britische Thronfolge an das Haus Hannover übertragen

Ursprung der Stuart

Die Vorfahren der einflussreichen Familie der Stuarts kamen mit der normannischen Eroberung Britanniens im Jahre 1066 nach Schottland und stammen ursprünglich aus der Bretagne in Frankreich. Im 12. Jahrhundert erhielten sie den erblichen Titel des königlichen Reichskämmerers oder “High Stewart of Scotland”, der auch der Ursprung ihres Familiennamens werden sollte (Stuart ist die französische Schreibweise, die von Maria Stuart im 16. Jh. eingeführt wurde).

Als dann die Dynastie Robert the Bruces im Jahre 1371 dem Ende zuging, begann die Regentschaft der mächtigsten und mit 343 Jahren am längsten regierenden Königsfamilie Schottlands.

 

Die Familiengeschichte war recht krisengeschüttelt, kamen die meisten doch bereits als Kind auf den Thron und starben aufgrund der ungeregelten Thronfolge keines natürlichen Todes. Zum anderen waren sie es jedoch auch, die Schottland aus dem Mittelalter in die Renaissance führten und ein prosperierendes Land hervorbrachten, das europaweit mithalten konnte.

Kein Wunder also, dass sie es auch sein sollten, die nach jahrhundertelangen Kämpfen England und Schottland vereinen sollten. Hier eine Übersicht über die Stuart-Könige in Schottland:

Robert II. (1371-1390)

Robert III. (1390-1406)

James I. (1406-1437)

James II. (1437-1460)

James III. (1460-1488)

James IV. (1488-1513)

James V. (1488-1513)

Maria Stuart (1542-1567)

James VI. (und I. of England) (1567-1625)

Charles I. (1625-1649)

Charles II. (1651/60-1685)

James VII/II. (1685-1689)

Mary II. (1689-1694)

Anne (1702-1714)

Das Wappen der schottischen Stuart Könige wird durch zwei Einhörner symbolisiert.
Der Holyrood Palace in Edinburgh war das Zuhause von Maria Stuart und der schottischen Stuart Könige.
Die schottischen Köinigsflagge wird Lion Rampant genannt.
Das Wappen des schottischen Königs James V. wird durch ein Einhorn symbolisiert.

Renaissance

Die Stuart-Dynastie begann mit Robert II., einem Enkel von Robert the Bruce, der sich jedoch eher durch Manipulierbarkeit und politische Schwäche auszeichnete. Auch sein Nachfolger, Robert III., hatte nicht viel mehr Glück: Kurz vor seinem Tod schickte er seinen 12-jährigen Sohn und Thronfolger James zur Sicherheit nach Frankreich. Dieser wurde jedoch auf der Überfahrt von den Engländern gekidnappt und erst 18 Jahre später gegen ein hohes Lösegeld wieder freigelassen.  Der vakante schottische Thron wurde währenddessen von seinem Onkel regiert, der kein großes Interesse darin hatte, seinen Neffen auszulösen. James I. wuchs demnach als alliierter Heinrichs V. von England auf und machte sich nach seiner Rückkehr nach Schottland entsprechend wenig Freunde unter den schottischen Clans und seiner eigenen Familie.

Nach der Ermordung des unbeliebten Stuarts in der damaligen Hauptstadt Perth beschloss sein Nachfolger, James II., den Königssitz nach Edinburgh zu verlegen, das mit seiner befestigten Burg etwas mehr Sicherheit verhieß. Er erwies sich als tatkräftiger und kriegstüchtiger König, wurde jedoch bei der Explosion einer seiner eigenen Kanonen im Alter von 29 Jahren getötet.

Sein Sohn, James III., war es, der 1472 durch seine Hochzeit mit der Tochter des dänischen Königs Orkney und Shetland in schottische Hände brachte. Nach langen Jahren des Kampfes gegen die Clans Douglas und MacDonald, die sich am Ende sogar mit dem englischen König Edward IV. zusammentaten, wurde er im Kampf vermutlich im Auftrag seines eigenen Sohnes getötet.

James IV.

Besagter James IV. war der letzte König Schottlands, der gälisch, die schottische Sprache benutzte: Seine Muttersprache war bereits das in den Lowlands gesprochene Scots und durch die vielen Kämpfe und Fehden war die Sprache der Highland Clans bereits immer mehr in Verruf geraten.

James IV. war es, der die Distel als Emblem Schottlands etablierte.

Er war ein sehr typischer Renaissance-König und gilt als der fähigste aller Stuart-Könige: Kosmopolit und jederzeit stilsicher, egal, ob es um Kleidung, Hofhaltung, Architektur oder Waffentechnik ging. Bildung war ihm sehr wichtig. Daher erließ er, dass jeder älteste Sohn von adligen und Land besitzenden Familien Latein lernen und studieren sollte.

Unter seiner Herrschaft hatte Schottland mehr Universitäten vorzuweisen als England und mit dem Buchdruck förderte er die Verbreitung von Dichtung, Chroniken, Gesetzgebung und Parlamentsschriften.

Viele königliche Residenzen wurden unter James IV. erheblich ausgebaut, wie z.B. Stirling Castle, Linlithgow Palace und der Palast in Holyrood.

Verheiratet war er mit der Tochter des Tudor-Königs Heinrich VII., womit sein Sohn Thronfolger in Schottland und England wurde. Er schloss einen Friedensvertrag mit den Engländern, erneuerte jedoch auch die Auld Alliance mit Frankreich.

Als Heinrich VIII. Frankreich angriff, entschied er sich, den Verbündeten in Frankreich zur Hilfe zu eilen und begann damit eine weitere Serie von Kämpfen zwischen den Nachbarländern. Er sollte allerdings auch der letzte König auf der britischen Insel sein, der im Kampf fiel.

Sein Sohn, James V., wurde aufgrund des jähes Todes seines Vaters bereits im Alter von einem Jahr gekrönt. Wie sein Vater war er fähig und durchsetzungsstark und war bekannt dafür, als Bürgerlicher verkleidet durch die Straßen zu ziehen, um in den Pubs die Meinung des Volkes zu erkunden.

Er festigte die Verbindung mit dem französischen Königshaus und heiratete Maria von Guise. Was ihm natürlich eine Menge Ärger mit dem englischen König Heinrich VIII. einbrachte. Er starb an einem Fieber nach einer herben Niederlage gegen die südlichen Nachbarn, nur wenige Tage nach der Geburt seiner einzigen Tochter und zukünftigen Königin, Maria Stuart.

Maria Stuart

Die ersten Jahre der jungen Königin waren vor allem von Machtkämpfen und Intrigen geprägt: War doch Heinrich VIII. beim Tode James V. der nächste männliche Erbe des schottischen Throns und fühlte sich dementsprechend übergangen. Als alles Taktieren und Verhandeln nicht half, ging der englische König zum Kampf über, um sein Recht einzuklagen.

Daraufhin wurde Maria im Alter von 5 Jahren nach Frankreich in Sicherheit gebracht, wo sie im Alter von 16 Jahren den späteren François II. heiraten sollte.

Während ihrer unbeschwerten Jahre am französischen Hofe, hatte Heinrich VIII. die Ablösung von der katholischen Kirche begonnen und damit die Reformation in England ausgelöst, die sich auch auf anderen Wegen in Schottland bemerkbar machen sollte. Dies führte zu schwerwiegenden Problemen für die schottische Königin, die sie während ihrer gesamten Regentschaft verfolgen sollten.

Zum Zeitpunkt ihrer Rückkehr nach Schottland, hatte Marias Halbbruder James Stewart trotz des Einflusses ihrer katholischen Mutter und Regentin Maria de Guise mit protestantischer Unterstützung stark an Macht gewonnen. Die Folge war, dass anstatt Maria die protestantische Elisabeth I. den englischen Thron bestieg und die Regentschaft des schottischen Throns in ihrer Abwesenheit James übertragen wurde.

Maria schien jedoch eine gewinnende Persönlichkeit zu haben, klug und umsichtig zu sein. Sie war politisch erfahren und gut aussehend und gewann sehr schnell die Loyalität und Zuneigung der Schotten. Mit ihrer ausgeglichenen Art sorgte sie für ein Ende des religiös motivierten Bürgerkriegs und stabilisierte die Macht der Stewarts im Lande.

So gewandt sie in politischen Dingen war, ihre Entscheidungen in Herzensangelegenheiten sollten ihren politischen und religiösen Gegnern bald genügend Macht geben, um sie zu Fall zu bringen.

Politisch unklug war zuallererst ihre Liebesheirat mit Lord Darnley, ihrem jungen, gutaussehenden aber auch machthungrigen und charakterschwachen Cousin Henry Stewart. Er wollte nach der Hochzeit die Regentschaft übernehmen, aber Maria roch den Braten und hielt ihn bewusst klein.

Als Vergeltung ermordete Darnley ihren Verbündeten und Sekretär David Riccio vor den Augen der hochschwangeren Königin in ihren Gemächern in Holyrood Palace.

Kurze Zeit später wurde Darnley selbst unter mysteriösen Umständen ermordet: Unbekannte zündeten im Keller seines Stadthauses Schießpulver und Darnley wurde auf dem Rasen vor dem Haus erdrosselt aufgefunden.

Der folgende Skandal warf hohe Wellen: Wusste Maria von den mörderischen Plänen oder hatte sie sie gar in Auftrag gegeben?

Dass sie ihren Ehemann ohne Grabstein und Trauer in Holyrood Abbey beerdigen ließ, schürte die Gerüchteküche nur noch mehr.

Als der Hauptverdächtige für den Mord an Darnley, James Hepburn, Earl of Bothwell, freigesprochen wird und sich nur wenige Monate später von seiner Frau scheiden ließ, um dann Maria Stuart zu entführen und zu heiraten, schoss für den schottischen Adel dann den Vogel ab.

Gemeinsam zwangen sie Maria zur Abdankung und krönten ihren Sohn James VI. zum König von Schottland. Der schottische Reformator John Knox übernahm daraufhin nicht nur die Krönungszeremonie, sondern auch dessen protestantische Ausbildung.

Maria flüchtete nach England, wo ihre Rivalin um den englischen Thron, die protestantische Elizabeth I., sie für 19 Jahre gefangen hielt, bevor sie des Hochverrats angeklagt und hingerichtet wurde.

Ihr Sohn James VI. hatte nur formell gegen die Hinrichtung protestiert, da er Hoffnungen hatte, als Nachfolger Elisabeths den englischen Thron zu besteigen. Sobald das geschehen war, ließ er seine Mutter exhumieren und in der Westminster Abbey beisetzen. Dort liegt sie neun Meter vom Grab ihrer Cousine Elisabeth I. entfernt (► mehr zu Maria Stuart, Mary Queen of Scots).

Vereinigte Königreiche

Nach dem Tode Elizabeths I. von England wurde also Maria Stuarts Sohn, James VI von Schottland, zu James I. von England gekrönt. Damit erreichte ein Schotte, was den Engländern über Jahrhunderte nicht gelungen war: Die Vereinigung beider Königreiche. (Zumindest in Personalunion, da der politische Zusammenschluss beider Länder noch ein Jahrhundert auf sich warten lassen sollte.) 

Die Union der Länder war auch ein großes Anliegen James VI. und I.: Er entwarf die noch heute gültige Flagge Großbritanniens – eine Verbindung des englischen Kreuzes von St Georg, des Andreaskreuzes von Schottland und des irischen Kreuzes von St Patrick.

Aber seine Ideen und Regentschaft fielen nicht auf fruchtbaren Boden: Die Schotten fühlten sich von ihrem Monarch verlassen. Er residierte nach seiner Krönung ausschließlich in London und kam nur ein einziges Mal danach zurück in seine schottische Heimat.

Die englischen Adligen waren empört über die gewaltige Macht, die die schottischen Adligen, die dem König nahe standen, auf einmal über die Regierungsgeschäfte in London hatten. In den Plänen des Verschwörers Guy Fawkes, der im Jahre 1605 versuchte, das englische Parlament mitsamt dem König und seinen schottischen Gefolge in die Luft zu sprengen, waren die Häuser und Grundstücke aller in London ansässigen Schotten deutlich markiert.

Sein Sohn Charles I. sollte sich noch mehr Ärger einhandeln: Er versuchte, die schottische reformierte Kirche (Presbyterianer) mit der anglikanischen Kirche aus England zu ersetzen. Seine Krönungszeremonie, zu der er sich nach langem Hin und Her widerstrebend nach Schottland begeben hatte, war bereits nach anglikanischem Vorbild gewesen, sehr zum Unmut der Schotten.

Der darauf folgende Bürgerkrieg endete mit der Hinrichtung des Königs von England und Schottland und dem Regime von Oliver Cromwell, der für kurze Zeit dem Commonwealth von England, Schottland und Irland vorsaß. Als diese Republik zu einem jähen Ende kam, wurde Charles I. kurzerhand zum Märtyrer erklärt und sein Sohn als Charles II. von England und Schottland gekrönt.

Auch dieser haderte Zeit seines Lebens mit der Religion und wandte sich letztendlich wieder der katholischen Kirche zu, ganz zu Freuden seines Verbündeten Ludwig XIV., dem König von Frankreich. Auf seinem Totenbett konvertierte er zum Katholizismus und erklärte seinen katholischen Bruder James zum Nachfolger (mehr dazu im Kapitel zur schottischen Reformation).

Glorious Revolution

Dieser hatte als James VII. von Schottland und II. von England nicht viel zu lachen.

Die Bevölkerung befürchtete eine Gegenreformation und englische Magnaten bangten um ihre Macht.

Also baten sie Maria, die Tochter des Königs, die mit dem  protestantischen Wilhelm von Oranien verheiratet war, um Hilfe: Sie sollten James mit Waffengewalt vertreiben und dafür den englisch-schottischen Thron erhalten.

Gesagt, getan: Nach erfolgreicher Invasion der holländischen Truppen, sah sich der König gezwungen, vor seiner Tochter und seinem Schwiegersohn zu fliehen und sich nach Frankreich in Sicherheit zu bringen.

Mary und ihr Ehemann sollten als Maria II. und Wilhelm III. von England und II. von Schottland die protestantische Erbfolge beider Länder sichern. Ihre Nachfolgerin und Schwester, Königin Anne, beendete die (legitime) Dynastie der Stuarts mit einem Paukenschlag: Im Jahre 1707 realisierte sie den Traum ihres Vorfahren James VI. und I. von einer politischen Union Englands und Schottlands und unterzeichnete den Unionsvertrag.

Die kinderlose Königin ließ außerdem katholische Regenten auf dem britischen Thron verbieten, ein Gesetz das bis zum heutigen Tage Gültigkeit hat, und übergab die Thronfolge an das protestantische Haus von Hannover. Damit wurden den katholischen Stuarts, also der Familie und den Nachkommen von James VII. und II., ihr Erbe verwehrt und ihr Anspruch auf den britischen Thron für null und nichtig erklärt (mehr dazu im Kapitel zu den schottischen Jakobitenaufständen).