Gin aus Schottland


INHALT
  • Gin: das neue Trendgetränk

  • die einfache und schnelle Herstellung ist Teil der Erfolgsgeschichte

  • ähnlich wie Whisky ist Gin eine Spirituose mit Tradition

  • Gin Führungen in Schottland erfreuen sich vermehrter Beliebtheit

Die Craft Gin Bewegung

Gin ist auf der Überholspur. Die Beliebtheitswelle von Gin lässt sich besonders gut am Anstieg der Craft Gin Produzenten erkennen. Zwischen 2008 und 2011 wurden in Grossbritannien fünf Mikro- Destillerien eröffnet. Im Jahr 2012 allein waren es bereits fünf weitere. Seitdem snd die Bewerbungen um die Zulassung für Gin Brennereien sprunghaft angestiegen: 2014 erhielten 20 Destillen ihre Lizenz und zwischen Maerz 2014 und 2015 sogar 65 Gin Brennereien. Die Gin Bewegung hat sich - zusammen mit Bier & Craft Beer aus Schottland - in den letzten Jahren zum aufregendsten Trend in der Getränkewelt entwickelt.

Die Grösse der Gin Brennblasen

Die aufkeimende Beliebtheit von handwerklich destilliertem Gin ist durch verschiedene Faktoren begründet. Zunächst hat HM Revenue and Customs, die britische Finanzbehörde, die Bestimmungen hinsichtlich der Grösse von Brennblasen optimiert. Demnach müssen Brennblasen, sogenannte Stills, offiziell mindestens 1800 Liter fassen können. Mittlerweile sind jedoch Ausnahmen erlaubt, die auch kleinere - für Mikro-Brennereien typische - Grössen gestattet. 

Auch der schottische Gin wird in Stills, Kupfer-Brennblasen gebrannt.
Immer mehr Gin Distilleries oeffnen in Schottland und bieten auch Tastings an.
In vielen Gin Brennereien in Schottland wird alles selbst gemacht wie z.B. die Labels in der Label Anlage.
Gin Tonic wird in Schottland in den letzten Jahren wieder zum Kultgetraenk.

Qualität statt Quantität

Ein weiterer Grund für den Aufstieg des Gins ist seine einfache und schnelle Herstellung. Im Gegensatz zum schottischen Whisky, der mindestens 3, idealerweise aber mehr als 10 Jahre lang reifen muss, benötigt der Gin keine langwierigen Reifeprozesse.

Gin ist in kürzester Zeit gebrannt, abgefüllt und im Ladenregal verkaufbar, was ihn vor allem zu Produktionsbeginn rentabler macht.

Desweiteren suchen Konsumenten vermehrt Authentizität und bevorzugen Qualität anstelle von Quantität. Während sich der Alkoholkonsum stabilisiert, nehmen die Ausgaben für lokal bezogene Zutaten und Geschmacksinnovationen zu. Kurz gesagt: die heutigen Konsumenten machen sich mehr Gedanken darüber, wo ihr Essen und Trinken herkommt und wie es hergestellt wurde. Zu guter Letzt hat jeder handwerklich hergestellte Gin sein eigenes, unverwechselbares Profil. Im Gegensatz zu Vodka, der keine grossen geschmacklichen Unterschiede aufweist, gibt es beim Gin gewaltige Variationen. Aus diesem Grund hat sich auch das Alter von Gintrinkern verschoben: war es vormals noch die ältere Generation, sind die Gintrinker nunmehr vermehrt 20-30 Jahre alt. Momentan steigt der weltweite Umsatz an Gin Jahr pro Jahr um bis zu 4%. Bars und Supermärkte bieten mehr Marken an und Konsumenten sind vermehrt daran interessiert, die Geschichte und Herkunft der Spirituosen in Erfahrung zu bringen. Im Grossen und Ganzen sieht die Zukunft der Branche derzeit also vielversprechend aus.

Die Geschichte des Gin

Spannend ist auch die Geschichte des Gin, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Bereits 1585 tranken englische Soldaten zusammen mit den Niederländern eine auf Wacholderbeeren basierende Spirituose zur Beruhigung vor dem Kampf gegen die Spanier im 80 jährigen Krieg. Kein Wunder, dass sich der Begriff “Mut antrinken” (Dutch Courage) gehalten hat. Ein niederländischer Arzt hat also den Gin nicht erfunden, wie fälschlicherweise behauptet wird,  ihn jedoch populär gemacht. 1670 wurde Malzwein mit Wacholder destilliert und in Apotheken verkauft, um Nierenleiden, Magenschmerzen, Gallensteine oder Gicht zu behandeln. Im Jahr 1689 hat der Gin Grossbritannien erreicht. Der niederländische Prinz William wurde britischer Thronfolger und brachte den Wacholderschnaps mit. Der König war bekannt für seinen Hass auf die Katholiken und veranlasste hohe Zölle auf importierte Spirituosen aus Frankreich, woraufhin das Volk Gin bevorzugte, da dieser preisgünstiger war. Weil die Ginherstellung damals auch ohne Lizenz legal war, enstanden tausende Gin Läden im ganzen Land.

Die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts ging als  „Gin Graze“ in die Geschichte ein, da der Ginkonsum in Grossbritanien und vor allem in London massiv anstieg.

Zwischen 1720 und 1730 war billiger Gin so beliebt bei den Armen, dass die Sterberate die Geburtenrate übertraf, was man im Volksmund als „Mother’s ruin“ (Mutter’s Verderben) bezeichnete. Dies war kein Wunder, denn dem Gin wurde Schwefelsäure und Terpentin zugefügt. Die daraus resultierenden „Gin Acts“ (Verordnungen) und damit einhergehenden hohen Steuern für Einzelhändler bewirkten, dass Gin kein billiges Getränk für arme Leute mehr war und die Nüchternheit im Volk zurückkkehrte.

Während des 19. Jahrhunderts tranken die Auswanderer in den tropischen britischen Kolonien Gin bzw. wurde das bittere Chinin als Malariamittel genutzt. Chinin wurde in kohlesäurehaltigem Wasser aufgelöst und Tonic Water entstand, und das ist, was wir heute als Gin Tonic konsumieren.

Im frühen 20. Jahrhundert verblasste die Vorliebe für süsse Getränke. London Dry Gin wurde zur bevorzugten Cocktailspirituose und in Kombination mit einem Dry Martini zum Lieblingsgetränk der Nation. Während der Prohibition in Amerika blieben Cocktails beliebt und durstige Unternehmer erfanden den Badewannen Gin (Bathtub Gin). Dieser bestand aus industriellem Alkohol, Glyzerin, Wachholderöl und Leitungswasser vermischt mit Fruchtsäften. So entstanden eine Reihe neuer Cocktails. Die 20er und 30er Jahre waren das goldene Zeitalter des Gin mit Barkeeper- und Cocktail Experten aus Amerika, die nach London strömten. Gin war das Lieblingsgetränk der Hollywood Stars und blieb bis 1960 die bevorzugte Spirituose. Dann eroberte der Wodka die Spiritosenszene und Gin verschwand in der hintersten Ecke des Getränkeschranks. In den 70er Jahren hatte Gin das Image eines langweiligen Getränks, das von den Eltern konsumiert wurde. Dies änderte sich 1988, als Bombay Saphire den Markt eroberte. Die aussergewöhnliche blaue Flasche zog eine neue Generation an Gintrinkern an und revolutionoerte den Gin Markt. Damit öffnete sich auch die Tür für Hendrick’s, einen der bekanntesten Gins, dessen Apothekerflasche 10 Jahre später den Ginmarkt anführte.

Gin Herstellung in Schottland

70 % des Gins in Grossbritannien wird nördlich der Grenze, also in Schottland, hergestellt.

Mittlerweile gibt es 18 verschiedene Craft Gins in Schottland.

Von Islay bis nach Caithness im hohen Norden Schottlands sind neue Destillerien entstanden, die in die Spuren der schottischen Whiskyproduktion treten und dem stetig wachsenden Markt mit zunehmender Nachfrage für erstklassig hergestellte Spirituosen gerecht werden wollen. Genauso wie die Whiskybrenner versuchen die zahlreichen Ginproduzenten die lange Gin Tradition in Grossbritannien weiterleben zu lassen und durch  neue Kreationen - wie in Eichenholz gereifter Gin oder Schlehen Gin – zu bereichern. 

Gin Führungen

Eine der neuen Gin Brennereien ist Pickering‘s Gin. Die noch junge Brennerei wurde 2013 von Mathew Gammel und Marcus Pickering gegründet und ist seit mehr als 150 Jahren die erste Gin-Destillerie in Edinburgh. Wo heute Gin destilliert wird, waren früher die Pferdeställe der tierärztlichen Hochschule untergebracht, liebevoll Dick Vet genannt. Der erste Schub Pickering’s wurde im März 2014 nach einem Original indischen Rezept aus dem Jahr 1947 produziert. Das Papierstück mit dem Rezept hängt eingerahmt im Eingangsbereich der Brennerei. Der 500 Liter umfassende Kupferkolben „Gert“ wurde in Portugal nach Pickering’s Vorstellungen gefertigt. Auf kurzweiligen Führungen durch die Brennerei bekommen Besucher einen Einblick in die Gin-Herstellung und Firmengeschichte und können einge der Abfüllungen selbstverständlich verkosten.

Auch andere Gin-Brennereien wie Edinburgh Gin im Westend der Hauptstadt, Eden Mills in Fife und Strathearn bei Perth bieten mitterweile Führungen an. In den schottischen Grossstädten haben sich sogar Ginbars mit beeindruckenden Ginsammlungen etabliert. Es bleibt also spannend, den stetig wachsenden Gin-Markt und die innovativen Ideen der Produzenten zu beobachten. Mehr zur Gourmetszene in Schottland finden Sie im Kapitel Essen und Trinken.

Eine reizend illustrierte Gin-Karte von Schottland kann kostenlos auf der Webseite der Scottish Gin Society heruntergeladen werden.

Ein Textbeitrag von Jennik Schmitz.