Die Granitstadt Aberdeen


INHALT
  • wohlhabend und sonnverwöhnt: das Glückskind Schottlands

  • New Aberdeen: das Stadtzentrum

  • Old Aberdeen: der alte Kern

  • Ölhauptstadt Europas

Das Glückskind Aberdeen

In keiner anderen Großstadt liegen Zentrum und Hafen so dicht beeinander. Aberdeen, die drittgrößte Stadt Schottlands, ist das Glückskind der schottischen Ostküste. Nur wenige Gehminuten von der aufgekratzten Union Street entfernt, laufen Fähren und Versorgungsschiffe der in der Nordsee verankerten Ölbohrinseln den Hafen an. Die „Ölhauptstadt Europas“ ist auch heute noch eine der am meisten prosperierenden Städte Schottlands, auch wenn sie nicht anähernd wie erhofft vom Ölboom profitiert hat.

Wohlhabend und bedeutend war Aberdeen bereits im Mittelalter, als der Handel mit Skandinavien und den Baltischen Ländern mit landwirtschaftlichen Produkten des reichen Hinterlandes und Textilien blühte. In der fruchtbaren Landschaft Aberdeenshires gedeihen noch immer Gerste und Hafer, beliefern gepflegte Farmen das Land mit wohlschmeckendem Rind (► Landwirtschaft in Schottland). Neben der profitreichen Förderung des Nordseeöls zählen die Häfen in und um Aberdeen, die Weißfisch und Schalentiere einfahren, zu den umschlagreichsten Fischfang-Häfen Großbritanniens.

Silver City

Später begann der Abbau und Export von Granit überaus rentabel für die Aberdeen zu werden, der in einem Steinbruch vor den Toren der Stadt abgebaut wurde.

Dem Granit verdankt die „Silver City“ ihr Antlitz und die gespaltenen Ansichten.

„Man verabscheut Aberdeen mit dem Hass eines verhinderten Liebhabers. Dies ist die einzige quälend und ärgerlich liebbare Stadt“, schrieb der Novelist Lewis Gibbon, selbst ein Kind der Stadt.

An Sonnentagen allerdings scheint man sich in der Ostküsten-Metropole Schottlands einig zu sein: dann toben entlang der goldenen Sandstrände Kinder, Hunde und Möven, laufen und skaten Sportler an der Promenade und nehmen sich Pärchen an die Hand.

Old Aberdeen ist ein alter Stadtteil Aberdeen, in dem auch das King's College zu finden ist.
Old Aberdeen an der Ostkueste Schottlands ist der alte denkmalgeschuetzte Teil der Stadt.

New Aberdeen

Das moderne Aberdeen ist aus der Union Street gewachsen, die eine sehr ambitionierte Zentrumsstraße ist. Im späten 18. und 19. Jh. entstanden, ist die City durch das Wirken lokaler Architekten bestimmt. Archibald Simpson und John Smith sind für viele Bauten im neoklassizistischen Stil verantwortlich.

Marshall Mackenzie brachte gotische Linien in den unnachgiebigen Granit ein.

Der Stein, den man sonst lediglich für den Bau von Friedhofs-Grabsteinen und Bürgersteigen tauglich fand, macht heute den Reiz der Architektur Aberdeens aus.

Art Gallery and Museum

Gerade im Eingangsbereich gelang Marshall Mackenzie 1884 eine imposante Innengestaltung: durch ein hohes Glasdach bricht das Tageslicht ein und beleuchtet Granitsäulen, Springbrunnen und moderne Skulpturen. Die Galerie beherbergt eine Sammlung von Kunstwerken aus den letzten drei Jahrhunderten, hat aber ihren Schwerpunkt auf zeitgenössische Arbeiten gesetzt.

Castle Street

Der offene, gepflasterte Bereich, wo im Mittelalter das Aberdeen Castle stand, war früher der Fokus des städtischen Lebens. Bis heute überlebt hat Mercat Cross, das zeremonische und symbolische Zentrum schottischer Marktflecken. Die Medaillon-Galerie des Stadtkreuzes portraitiert die Herrscher der Stewart-Dynastie.

Duthie Park

Seine zahlreichen Gärten, offenen Plätze und floralen Arrangements haben Aberdeen den Spitznamen „„Blume Schottlands“ und internationale Preise eingebracht.

Gerade im Sommer scheint jedes freie Stückchen Platz in der Stadt in einen Blumengarten umgewandelt zu sein.

Im Duthie Park prahlt einer der größten Wintergärten Europas. Rosengärten und leuchtende Blumenrabatten laden zu idyllischen Spaziergängen ein.

Hafen & Footdee

Bevor der Hafen entstand, mußten die Schiffe auf den Inseln und Sandbänken der Flussmündung des Dee ankern. Während die Männer mit der berühmten Aberdeener Fischkutter-Flotte zur See fuhren, haben die Frauen Schalentiere, Muscheln und Seetang in Körbe gesammelt und auf dem Markt verkauft.

Anschaulich wird die Seefahr-Tradition in der immer noch bewohnten Fischersiedlung Footdee. Die winzigen Cottages aus dem 19. Jahrhundert schützen sich mit dem Rücken zum Meer vor den Stürmen.

Marischal College

Das im 16.Jh. Jahrhundert gegründete College ist nach dem El Escorial in Madrid die größte Ansammlung von Granit auf der Welt. Die prachtvoll überladene gotische Fassade aus dem 19.Jh. bricht sämtliche Regeln des Granitmaterials. Das Museum stellt Sammlungen ägyptischer und klassischer Antiquitäten, Ethnographien und vor allem schottische Prähistorie aus.

Maritime Museum

Mit Hilfe von Modellen, Computerdarstellungen und realem Equipment wird die Nordsee lebendig. Das vielfach ausgezeichnete Maritime Museum demonstriert anschaulich, wie ein Schiff im Hafen geparkt, die berühmten Teaclipper gebaut wurden und wie das gefährliche Leben und Arbeiten auf den Ölplattformen funktioniert.

Provost Skene’s House

Ein kostbarer Überrest der alten Burgarchitektur Aberdeens wird vom tristen Gebäude der Stadtverwaltung verdeckt. Im ältesten Haus der Stadt aus der Mitte des 16.Jahrhundet war der wohlhabende Kaufmann George Skene of Rubislaw Bürgermeister. Das reiche Interieur, aufwendige Plastik- und Stuckarbeiten, Kostüme und Wandbilder sind in die Ausstellungen des Städtischen Museums integriert.

St Nicholas Kirk

Regulär über der Stadt läutet das größte Glockenspiel von Großbritannien. Schon oft zerstört  und während der Reformation in eine West- und Ostkirche geteilt, hat nur das nördliche Querschiff von St Nicholas aus dem 12.Jh. überlebt. Zwischen den grünen Marmorgräbern und Barockmonumenten des Friedhofs trifft man sich zum Lunch.

Old Aberdeen

Wen das strenge, klare Profil der City abweist, findet sicher das 2 km entfernte Old Aberdeen charmant. Die um die Kathedrale gewachsene mittelalterliche Stadt am River Don besaß bis 1891 ein eigenständiges Marktrecht und Gericht.

Old Aberdeen beharrt bis heute auf seiner separaten, dörflichen Identität.

Zwischen den denkmalgeschützten Häuser aus dem 16. Jahrhundert erfrischen die rund 15000 Studenten das scholastische und geistliche Flair.

Brig o’Balgownie

Im Norden des weitläufigen Seaton Parks mit seinen alten Bäumen und hübschen Blumenanlagen wölbt sich eine der ältesten Brücken Schottlands über den Don. Lord Byrons Gedicht Don Juan entsinnt sich der 1320 auf Geheiß Roberts the Bruce gebauten Brücke. 

King’s College

Die katholische Universität wurde Ende des 15. Jahrhunderts von Bischof William Elphinstone gegründet und zusammen mit dem Marischal College im 19.Jh. zur Aberdeen University vereint. Die steinerne Reichskrone der King’s College Chapel hat 1633 ein Sturm weggefegt und mußte – weil ein Statussymbol der schottischen Monarchie – exakt nachgebildet werden.

St. Machar’s Cathedral

Das älteste Granitgebäude Aberdeens ist die weltweit einzige Kathedrale aus Granit.

Sie wurde im 14. Jahrhundert dem Hl. Machar geweiht, den St. Columba ausgesandt hatte, um die Pikten dieser Gegend zu konvertieren. Nur das Mittelschiff mit seiner heraldischen Decke aus Eichenholz hat überlebt und präsentiert die Könige von Schottland und Europa, den Papst und seine Kleriker.

Footdee ist eine kleine Fischersiedlung am Hafen von Aberdeen.