Scotch: Schottischer Whisky


INHALT
  • schottischer Whisky ist das Kultgetränk Schottlands

  • Scotch Whisky ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren

  • die Geschichte des Whiskys ist auch die seiner Illegalität

Nach Schottland zu reisen, bedeutet nicht nur mit der Urgewalt des Wassers – Seen, Flüssen und Meeren – in Berührung zu kommen, sondern unweigerlich auch mit dem “Wasser des Lebens”, dass die Gälen ‘uisge-beatha’ und die Anglosachsen Whisky nennen. Neben berühmten Erfindungen wie Telefon, Fernsehen, Penicillin und pneumatische Reifen ist die beliebteste Invention der Schotten zweifellos der Whisky. Das schottische Nationalgetränk wird auf der ganzen Welt konsumiert.

In Schottland kann man nicht umhin, die oft idyllisch gelegenen Brennereien und den Status, der ihren Produkten zugesprochen wird, zu übersehen.

Schon von weitem fallen die markanten Pagodendächer ins Auge, wo früher die Gerste gemälzt und unter dem beisenden Rauch der Torffeuer getrocknet wurde. Einge der Brennereien wie auf der Whiskyinsel Islay liegen langestreckt an träumerischen Buchten des Atlantik, wo die Gischt an den Aussenmauern hochspritzt, die Möwen kreischen und die Luft nach Salz und Freiheit schmeckt. Andere wieder nisten wie die Moorhühner in den Fleckenteppichen der Heide. Oder ducken sich in den Tälern an die kargen, vegetationsarmen Hänge der Berge.

Bei ganz bestimmt jeder Brennerei fließt Wasser. Mal braun und trüb über Torfmoore, mal kristallklar über Granitgestein. Immer im Überfluß, denn Wasser als die überhaupt wichtigste Zutat der Whiskyherstellung muss in großen Mengen verfügbar und geschmacklich konstant sein. Anders als beim Bier wird das Wasser für die Whiskyherstellung nicht verändert wird, werden keine Salze hinzu- oder weggenommen. Das Wasser trägt einen Großteil zum Geschmack der Whiskies bei, ebenso wie das mal mehr mal weniger getorfte Malz, die Form der Brennblasen und die Eichenfässer, in denen der Whisky in riesigen, dunkel-feuchten Lagerhäusern reift.

Die Edradour Distillery in der schottischen Ortschaft Pitlochry ist eine der wenigen Brennereien, die sich im Familienbesitz befindet.
Die Highland Park Distillery auf den Orkney Inseln ist die nördlichste Brennerei Schottlands.
In der Old Pulteney Distillery im schottischen Norden kann man auch das Warehouse besuchen.
Im schottischen Geburtsland des Whiskys gibt es viele gut ausgestattete Whiskybars.

Wirtschaftsfaktor Whisky

Seit  Jahrhunderten schon spielt Whisky eine bedeutsame Rolle für die schottische Wirtschaft. Im 18. Jahrhundert was das “Lebenswasser” ein vitaler Bestandteil ländlichen Wirtschaftens. In einer Zeit, wo die schottische Landbevölkerung zu einer der ärmsten in Europa gehörte, akzeptierten die Großgrundbesitzer von ihrem Pächtern Whisky als eine Form der Mietzahlung. Heute spielen die Schotten auf dem globalen Weltmarkt mit. In den letzten 30 Jahren ist Whisky nicht nur zum trendigen Phänomen avanciert sondern zu einem ernstzunehmenden Business. Millionen an Flaschen werden weltweit jährlich konsumiert, die aneinandergereiht ohne weiteres eine bersteinfarbene Kette von Edinburgh nach New York und zurück bilden würden. Whisky generiert fast 3,5 Billionen GBP für die britische Wirtschaft, zählt zu den fünf Export Industrien Großbritanniens und sollte eines der wichtigsten finanziellen Standbeine für eine zukünftige, schottische Unabhängigkeit werden. Und damit nicht genug. Die Vorhersagen prognostizieren anhaltendes Wachstum und bejubeln die Erschliessung immer neuer, aufregender Märkte. Neben den USA hat Brasilien einen unglaublichen Durst für Whisky entwickelt und importiert eine Menge äquivalent  zu 10 Mio. Litern puren Alkohols pro Jahr. Zusammen mit Frankreich und Singapore rangiert Indien auf den ersten Plätzen whiskyliebender Nationen. Hier hoffen die Schotten momentan, dass die gegenwärtigen Verhandlungen der EU mit Indien zu fruchtbaren Ergebnissen führen, um den 150%igen Tariff auf importierten Whisky in Indien zu reduzieren.

Die ökonomische Erfolgsgeschichte des Whiskies spiegelt sich in großangelegten Investitionen wider, die darauf ausgelegt sind, die Produktionskapazität der Brennereien zu erhöhen.

Nicht nur werden bestehende Brennereien erweitert und ausgebaut, auch neue Destillerien, Abfüllbetriebe und Küfereien entstehen. Erst kürzlich hat Diageo, einer der weltweit größten Spirituaosenkonzerne für 40 Mio GPB seine ‘space-age’  Distillery Roseisle im Speyside-Gebiet eröffnet, einer der größten Brennereien, die in Schottland seit vielen Jahren gebaut wurde. Auch kleinere Unternehmen wie auf der Insel Barra, Harris, in Fife und abgelegenen Regionen wie Ardnamurchan entstehen. Gerade für diese abgelegenen, ökonomisch und geografisch benachteiligten ländlichen Regionen, wo Arbeitsstellen ein kontinuierliches, reales Problem darstellen, sind diese neuen, kleinen Brennereien von großem Wert.

Scotch Whisky: Faszination eines Kultgetränks

Aufregender noch als alle Geschäftszahlen und Statistiken ist die Faszination von Whisky Enthusiasten, die sammeln, ersteigern, fachsimpeln, sich liebevoll in Internet-Foren und Blogs engagieren, die Brennereien besuchen und zum Teil bereit sind, viel Geld für ihre Leidenschaft zu zahlen. Woher kommt diese Faszination mit dem schottischen Nationalgetränk?

Nun, Whisky ist zweifelslos wie Wein oder Cognac ein raffiniertes, anspruchsvolles, komplexes Getränk. Eines, dass seine Herkunft reflektiert, Geschichten zu erzählen hat und immer feinsinniger, faszinierender wird, je mehr man darüber weiß und sich damit beschäftigt. Und je mehr man verkostet hat.  Dabei sind die Zutaten einfach und unprätentiös  wie in den ersten Tagen, als man den Quaich, einem Kelch an den Nachbarn weiterreichte. Damals wie heute wird Whisky aus Gerste, Hefe und Wasser produziert und auch an der Herstellunsgweise hat sich vergleichsweise wenig geändert. Teilweise gekeimte Gerste liefert die Enzyme zur Verzuckerung der Stärke beim Maischen. Diese wird in einem Gärbehälter mit Hefe versetzt und zu einer bierähnlichen Flüssigkeit vergoren. In Kupferbrennblasen wird das 5-10%ige Bier mehrfach destilliert und zur Reifung für mehrere Jahre in Fässern gelagert. Aber trotz gleicher Zutaten und identischer Herstellungsweise ist das Endeprodukt  immer ein anderes.

Eine der größten Wonnen ist die Tatsache, dass der Stil eines jeden Whiskies unkopierbar bleibt.

Egal wie sorgfältig der Nachahmungs-Versuch unternommen wird, die Endresultate bleiben merklich verschieden. Nicht einmal die rigoroseste wissenschaftliche Analyse kann erklären, warum. In Dufftown, einem kleinen, wenn auch whiskyrelaventen Dorf in der Speyside arbeiten 7 Brennereien im Umkreis von einer Meile. Sie benutzen das gleiche Wassereinzugsgebiet, den gleichen Torf, das gleiche Malz und auch die Brau-und Destillieringsmethoden sind identisch. Und doch hat jeder Whisky sein individuelles Bouquet. Die beiden mittlerweile demolierten Inverness Brennereien Glen Mhor und Glen Albyn werden oft als Beispiel von zwei Brennereien zitiert, die fast identisch ausgestattet waren, nur wenige Meter voneinander entfernt lagen, den gleichen Malz benutzten und doch völlig unterschiedliche Whiskies produzierten. Ein bisschen Mystik bleibt eben doch bestehen oder wie das Eingangsschild an der Old Fitzgerald Bourbon Destistillery in Kentucky erklärt: “No chemists allowed. This is a distillery and not a whiskey factory” .

Neben der Komplexität trägt auch die schottische Landschaft und Kultur der Schotten zur Erfolgsgeschichte des Whiskies bei. Gerade in den Highlands und auf den Inseln wuchert eine Weite und Einsamkeit, die von Reisebüchern und Magazinen als die letzte große Wildnis und den Statistikern als eine der dünnbesiedeltsten Landschaften von Europas beschrieben wird. Die Kargheit, Weite und herbe Schönheit der Landschaft, ihre endlos scheinenden, mit Heide und Farnen gemustert Hochebenen, die von Bergen eingesäumten Moorlandschaften, die schweigsamen Seen und Meeresarme, die tosenden  Ozeane und nicht zuletzt die gigantischen Wolkenformationen, das Wetter und der Wind, der sein wütendes, launisches Spiel treibt - gehören zum schottischen Image, das auf der ganzen Welt bekannt ist. Hinzu kommt die keltische Kultur und tiefe geschichtliche Verwurzelung einer der ältesten Nationen Europas, die gälische Sprache, die zwar nur noch von 1% der Bevölkerung gesprochen, aber neuerdings von staatlicher Seite wieder gefördert wird und die Geologie, wonach einige der Steine, die man im Hochland findet, aus der Epoche der Erdentstehung stammen und mehr als 4 Mrd. Jahre alt sind. Nur zu gut passt ein archaisches Getränk wie Whisky in diese lange Kette an Traditionen und das Image einer von Reinheit und Urgewalt gekennzeichneten Natur.

Die Geschichte von Whisky

Die genauen Wurzeln von Whisky sind bis heute unbekannt, dokumentiert wurde er in Schottland und Irland zum ersten Mal im 15. Jahrhundert, im schottischen Mittelalter. Das Destillieren war zu diesem Zeitpunkt bereits eine altertümliche Praxis, um Parfüm herzustellen und Wasser zu purifizieren. Whisky wurde fast ausschließlich von Mönchen zu rein medizinischen Zwecken gebrannt– woher die Bezeichnung “Wasser des Lebens” rührt. Man vermutet, das missionierende Mönche das Lebenselixier in das gälische Königreich Schottland gebracht hatten und die Einheimischen es ihrem Geschmack und ihren Bedürfnissen gemäß adaptierten. Die erste urkundliche Erwähnung findet man 1494 in den schottischen Steuerunterlagen (Exchequer Rolls), als der Benediktiner-Mönch John Cor aus dem Kloster Lindores in der damaligen schottischen Hauptstadt Dunfermline acht Bollen Malz einkauft, genug, um 400 Flaschen Whisky herzustellen.

Illicit Stills – Schwarzbrennerein und Schmuggel

Dreihundert Jahre später gehörte das Brennen zur Alltäglichkeit und Brennblasen waren in jedem Dorf und jedem Tal der Highlands zu finden. Aber jeder moderne Whisky-Enthusiast, der sich die alten Tage zurückwünscht, wäre über das damalige Produkt wahrscheinlich maßlos entäuscht gewesen. In dem rudimentären Alkohol, den man damals konsumierte, wäre das kultivierte, sorgfältig hergestellte Getränk von heute nicht wiederzuerkennen gewesen.

Der originale Whisky war so derb und rau, dass man Kräuter und Gewürze anfüllen musste, um ihn trinkbar zu machen.

Der Zuwachs an Popularität lockte unweigerlich die Steuereintreiber an. Nachdem 1644 offiziell die ersten Steuern auferzwungen wurden, fing das Schwarzbrennen und der Schmuggel zu blühen an. Von 1782 wurde berichtet, dass man offiziell über 1000 illegale Brennblasen fand. Allein in Edinburgh soll es 400 illegale Destillen gegenüber 8 gegeben haben, die eine gültige Lizenz besaßen.

Legaler Whisky Boom

1823 wurden das Steuerrecht vereinfacht, die Restriktionen für lizensierte Brennereien entschärft, für illegale Unternehmungen allerdings gestrafft. Gleichzeitig legte man eine Mindestgröße von 40 Gallonen für eine Brennblase fest. George Smith war der einer der Ersten, der nach der neuen Gesetzgebung seine Brennerei Glenlivet aufbaute, denn von nun an lohnte sich die legale Whisky-Produktion. Der Whisky zu dieser war aber immer noch von unbeständiger Qualität und wurde meist in Fässern an Weinhändler und Krämer verkauft, die eigene Mixturen herstellten, um Problem wie Qualität und Quantität zu umschiffen.

1831 revolutionierte eine neue Art der Destillierung, das ungemälztes Getreide (Grain) gebrannt werden konnte. Aeneas Coffey entwickelte das Robert Stein erfundende neue Verfahren der kontinuierlichen Destillation weiter. Das Produkt, das im sogenannten Coffey Still kontinuierlich gebrannt werden konnte, war preiswerter und weniger geschmacksintensiv und eignete sich zum Vermischen mit den teureren Malzwhiskies. 1856 stellte der Schotte Andrew Usher jun. den ersten Blended Whisky her, der als „Usher's Green Stripe“ noch heute auf dem Markt existiert. Auch andere Händler begannen, Malz- und Kornwhiskys  zu Blended Scotch zu verschneiden. Vor allem nach der Reblausplage, die in den 1880er Jahren fast die gesamten französischen Weinstöcke vernichtete, und damit den Wein, Brandy und Cognac Genuss fast völlig zum Erliegen brachte, fand der neue Whisky weltweiten Absatz.

Die Weltkriege, die Anti-Alkohol-Bewegung und amerikanische Prohibition dämmten das Wachstum der schottischen Whiskyindustrie zu Beginn des 20 Jahrhundert wieder ein.

Nicht nur mussten viele amerikanischen Firmen, sondern vor allem auch eine Vielzahl kleinerer schottischer Brennereien schließen. 1915 wurde der “Immature Spirits Act” in Kraft gesetzt, der den Verkauf von Whisky untersagte, der weniger als 2 Jahre im Fass gereift war. Diese Gesetz wurde später auf drei Jahre erweitert, was zu weiteren Schließungen führte.

Whisky in Schottland heute

Nach der Krisenzeit wurde die neu anlaufende Produktion von großen Konzernen kontrolliert, Fusionen und Übernahmen gehören seitdem zur Tagesordnung.

Bis heute gibt es kaum noch kleine, familiengeführte Brennereien.

Benromach, Glenfarclas, Arran, Speyside, Sprinkbank, Bladnoch, Bruichladdich, Edradour und die neu entstandenen Farmbrennereien wie Daftmill und Kilchoman bilden die seltenen Ausnahmen. Der Großteil der schottischen Destillerien wird von multinationalen Megakonzernen operiert, für die der Getränkemarkt nur ein Teil ihrer Marktorientierung ist. 1997 zum Beispiel fusionierte Guinness mit Grand Met, wodurch Diageo entstand, der weltweit größte Getränkekonzern. Diageo kontrolliert mit 45 Brennereien fast die Hälfte der schottischen Brennkapazität und nutzt den Großteil des in Schottland hergestellten Whiskies für seine popluären Blends. Mit Johnnie Walker Red und Black Label und J&B bewirbt Diageo nur drei einfache Whiskymarken mit unermeßlich großen Marketingbudgets.

Der Single Malt Trend, der mittlerweile einen Marktanteil von 10% der gesamten Whiskyproduktion in Schottland halt, hat glücklicherweise dafür gesorgt, dass die Vielfalt und Qualität schottischer rauschhaft zugenommen hat. In den 80 und 90er Jahren erkannten die schottischen Brennereien das kommerzielle Potential des „rohen Materials“. Ähnlich wie beim Bier und der Wiederentdeckung des „Real Ale“, begann man die Produktion von Single Malt Whisky in Schottland anzukurbeln. William Grant von Dufftown war einer der ersten, der diesen Trend aufgespürt und seinen Glenfiddich aggressiv als Single Malt Whisky vermarktet hat. Die Grant Familie ist noch heute im Besitz ihrer berühmten Whisky-Brennerei und zählt zu den reichsten Familien in Schottland.

Die Grants haben ebenso erkannt, daß auch der Prozeß der Whisky-Herstellung sich als Teil des schottischen Images vermarkten lässt. Sie haben 1969 das erste Besuchszentrum in Schottland eröffnet, das heute mehr als 120 000 Besucher mehrsprachig durch die Anlage führt. Diese Besuchszentren sind mittlerweile wichtige kommerzielle Aspekte der schottischen Whisky-Brennereien geworden.

Mehr zu Whiskyführungen und Brennereibesuchen finden Sie im Kapitel: Brennereien & Brauereien in Schottland.