Nur halb so viel Niederschlag wie an der schottischen Westküste fällt im Nordosten Schottlands herunter. Die vom Moray Firth, den Grampian Mountains und der Nordseeküste eingezirkelte Region an der Ostküste ist aber nicht nur von der Sonne und vom schottischen Wetter verwöhnt.
Begünstigt durch fruchtbares Acker- und Weideland, zahlreiche Bodenschätze und den einfachen Zugang zum Meer, wird entlang des Flusses Spey zudem ein Großteil des schottischen Whiskys gebrannt. Mehr als zwei Billionen Pfund steuert das Nationalgetränk der britischen Wirtschaft bei und profiliert sich damit unter den Top5 Exportindustrien Großbritanniens.
Seit die schottlandnärrische Königin Victoria im 19. Jahrhundert.das Dee-Tal zum „königlichen Deeside“ popularisierte, fehlt es den behäbigen Ortschaften nicht mehr an zahlender touristischer Kundschaft. Jäger und vor allem Angler tummeln sich am Oberlauf des Lachsflusses und zahlen für ein Uferstück bis zu 6000 Pfund Lizenz im Jahr (► Angeln in Schottland).
Einst belagert von Tausenden schottischen Badegästen, wirken die kilometerweiten goldenen Strände der Nordsee durch die sommerliche Migration in heiße Urlaubsländer heute eher verlassen. Dazwischen blinkt die silbergraue Silhouette von Aberdeen, der nördlichsten Großstadt der Insel. Das Glückskind der Ostküste profitiert seit je von den Schätzen des Hinterlandes und seit den 70er Jahren von der Förderung des Nordseeöls.
Aberdeenshire
Einen besonders emsigen Menschenschlag soll die Ostküste Schottlands hervorgebracht haben, und ein beachtlicher Wohlstand zeugt davon.
In der fruchtbaren Landschaft gedeihen Gerste und Hafer, beliefern gepflegte Farmen das Land mit wohlschmeckendem Rind.
Die Landwirtschaft spielt hier eine große Rolle. Neben der profitreichen Förderung des Nordseeöls zählen die Häfen, die Weißfisch und Schalentiere einfahren, zu den umschlagreichsten Großbritanniens (►Fischfang). Die Burgen der Region wie Dunnottar Castle haben es zu weltweitem Ruhm gebracht.
Braemar & Royal Deeside
Die Präsenz der Queen hat natürlich mit der Prominenz des zierlichen Ortes zu tun. Alljährlich im September finden hier die berühmtesten der schottischen Highland Games statt. Von Königin Viktoria 1843 zum ersten Mal besucht, stiftet die Royal Family auch heute noch den berockten Muskelmännern Applaus. Den Rest des Jahres preisen sich die umliegenden Berge des Cairnwell und das Tal des Dee Wanderern und Bergsteigern, Ski- und Radfahrern an (► Wandern in Schottland).
Balmoral Castle, der Landsitz von Königin Elisabeth II. schließt im Sommer für zwei Monate sein schmiedeeisernes Tor. Dann nämlich reist die monarchische Spitze samt Gefolge zur Erholung an. Das von 250km² an Ländereien eingefasste Schloß hat Prinz Albert von Sachsen-Coburg seiner Gattin Königin Victoria 1856 zum Geschenk gemacht. Vor dem Hintergrund der Berge und umgeben von prachtvollen Parkanlagen wirkt es mit seinen Türmchen und Ekern gewohnt pittoresk und altertümlich.
Die granitsteinerne Crathie Kirk liegt außerhalb der Umzäunungen. Hier hält die Königsfamilie ihren Gottesdienst ab.
Royal Deeside Castle Trail: Nirgendwo sonst in Europa ist die Konzentration an wehrhaften Burgen, Schlössern und Ruinen so dicht wie im Tal des River Dee. Über 1000 historische Castle hat der lokale Tourismusverband zu einem Castle Trail arrangiert. Im Herzland der piktischen Stämme kommen auch die Liebhaber prehistorischer Überresten und Steinkreise nicht zu kurz.
Elgin
Das lebhafte Zentrum der Moray Region entstand im 13.Jahrhundert um die als „Laterne des Nordens“ bekannte Kathedrale. Aus seinem Wasser des River Lossie produzieren die acht umliegenden Whisky-Brennereien fruchtig-süße bis malzige Whiskys, die gerade wie Longmorn und Linkwood selbst Kennern ein Geheimtipp sind. Das reizende Ufer des Moray Firth liegt direkt vor den Toren. Ein Coastal Trail führt über 50 Meilen durch die Sand-, Dünen- und Klippenlandschaften der faszinierenden Küstenregion. Nicht selten kann man Delfine und Wale beobachten, die sich gerade im Sommer in Herden von bis zu 40 Tieren in der Bucht versammeln.
Elgin Cathedral: Vom geschäftigen Markstadttreiben in einer stille Ecke am Flußbett abgeschottet, erinnern die zerstreuten gothischen Ruinen an die einst zweitgrößten Kathedrale von Schottland. Wegen seiner 40 illegitimen Kinder vom Bischof of Elgin exkommuniziert, brannte der ruchlose „Wolf of Badenoch“, Alexander Stuart, in einem Racheakt 1390 das Gotteshaus nieder. Im Biblischen Garten wachsen heute alle 110 Pflanzen, von denen die Bibel spricht, der die Reformation überlebte Nordturm kann bestiegen werden. (► Kirchen, Kathedralen & Abteien)
Fraserburgh
An der nordöstlichsten Ecke Schottlands behauptet sich Fraserburgh als größter Hafen für den Fang von Schalentieren in Europa.
Die Geschichte der pragmatischen Stadt beginnt mit den Frasers. Ihr Familiensitz, das Fraserburgh Castle, wurde im 18. Jahrhundert zum ersten Festlandleuchtturm umgebaut. Das Kinnaird Head Lighthouse veranschaulicht, in das Museum of Scottish Lighthouses integriert, seine und andere spannende Geschichten.
Speyside und Moray
Gepriesen wird der Spey für die Qualität seiner Lachse und Forellen - und das quellklare Wasser, aus dem die Speyside-Destillerien mehr Scotch Whisky als irgendeine andere Region in Schottland produzieren. Bei Fort Augustus entspringt auf ca. 300m Höhe Schottlands zweitlängster Fluß und mündet vollgesogen bei Garmouth ins Meer. Dort wurde im 18. Jahrhundert das flußabwärts treibende Holz aus den Wäldern um Aviemore zu Schiffen verarbeitet. Die keilförmige Moray Förde ist auch heute noch ein wichtiges Standbein der schottischen Wirtschaft, und ein Natur- und Erholungsort.
Malt Whisky Trail
Die Speyside gilt als Kernland der Whiskyproduktion in Schottland, weil hier nicht nur die meisten schottischen Brennereien, sondern auch Mälzereien, Böttchereien, Blender und Abfüllbetriebe den den schottischen Exportschlager produzieren.
Nicht alle Destillerien können besichtigt werden. Der lokale Tourismusverband hat acht der über 50 Speyside-Brennereien und eine Küferei zum Malt Whisky Trail zusammengefaßt, deren übersichtlicher Beschilderung man bequem und einfach folgen kann. Viele weitere Brennereien sind einen Besuch und eine Verkostung wert und bieten manchmal wirkliche Spezialtouren für Kenner an.