Unabhängig, praktisch und unternehmerisch gibt sich die viertgrößte Stadt Schottlands am Ufer der Tay Förde. Die Dundonians, die Einwohner Dundees, gelten als besonders freundlicher und hilfbereiter Menschenschlag. Und doch ist Dundee ein bisschen das Aschenputtel mit Dauerpechsträhne unter den schottischen Städten – ganz im Gegensatz zur Ostküsten-Stadt Aberdeen.
Geschichte Dundees
In den historischen Auseinandersetzungen befand sich Dundee fast immer auf der falschen Seite, wurde gebrandschatzt, geplündert, belagert und ausgehungert. Am schlimmsten traf es Dundee Mitte des 17.Jh., als General Monck die aufsässigen Schotten in Cromwells Commonwealth eingemeinden wollte. Dundee wurde von seinen Truppen komplett zerstört und ein Großteil der Einwohner hingemetzelt.
Aber Dundee rappelte sich wieder auf und wurde zur Industrie- und Manufakturstadt, die sich vor allem während der industriellen Revolution zu einer der wichtigsten Machtstätten Schottlands aufblähte. Mit den „drei Js“ - Jam, Jute und Journalism (Marmelade, Jute und Journalismus) - assoziiert man Dundee noch heute, obwohl die Stadt momentan als weltweit anerkanntes Zentrum für Computerspiele und Biochemie gilt.
Jam, die Zitrusmarmelade, wird seit Janet Keillers Spezialrezept in die ganze Welt exportiert.
Der 1905 gegründete Verlag D.C.Thomson publiziert die Sunday Post, sowie Kindercomics und Magazine. Mehr noch als Marmelade und Verlagswesen zog der Jute-Handel tausende Immigranten zum Arbeiten nach Dundee. Die Geschichte der Juteverarbeitung in den früheren Mühlen wird in den Verdant Works, einem der besten europäischen Industriemuseen, erzählt.
City of Discovery
Im Hafen, dem einstigen Umschlagplatz französischer Rotweine und feinstem Leinen, schaukelt heute der berühmte Dreimaster des Antarktisforschers Captain Scott. Mit seiner Hilfe hat sich das lange etwas schmuddelige Dundee als „City of Discovery“ profiliert.
Direkt daneben spannte sich die berühmte „Brück’ am Tay“ über die Förde, die bei ihrer Eröffnung 1878 die längste der Welt war und als ein Wunderwerk an Technik galt. Fontane eilte als Zeitungskorrespondent hinzu, als die Brücke ein Jahr nach ihrer Erbauung während eines Weststurms zusammenbrach. Die neue Brücke folgt dem Trassenverlauf der ursprünglichen und wurde direkt neben den Überresten der geborstenen Pfeiler errichtet.
Die Umgestaltung der Wasserfront ist ein auf 30 Jahre ausgelegtes Regenerierungsprojekt, das 240 Hektar Industriebrache und 8km Küstenlinie in ein modernes Hafenviertel transformieren soll. Über eine Milliarde GBP soll das Projekt kosten.
Das wichtigste Vorzeigeprojekt der letzten Jahre ist das V&A Museum of Design, das 2018 eröffnet wurde.
Die glänzenden, medial aufgeputschten Prestigeprojekte haben zur Profilierung Dundees als 'Coolest Little City in Britain' (GQ Magazin,2015) und 'Worldwide Hot Destinations' (Wall Street Journal 2018) geführt. Der Reiseführer Lonely Planet hat Dundee sogar zu den Top 10 Städten Europas gekürt.
Aber die Auszeichnungen verdecken leider oft die Schattenseiten Dundees und die sozialen Probleme vieler Menschen, die arbeitslos oder mit geringem Verdienst von staatlicher Unterstützung abhängig sind. Die Wohnverhältnisse vieler Dundonians sind trist und geballte soziale Konfliktherde. Mehr als die Hälfte der Stadtbezirke zählen zu Schottlands sozial benachteiligten und unterpriveligiertesten.
Broughty Ferry
Der Vorort im Osten der Stadt wurde früher als die „reichste Meile Europas“und heute oft das “Brighton of Scotland” bezeichnet. Viele elegante Villen und Herrenhäuser, die von den Jute-Baronen gebaut wurden, überblicken hier – der Sonne zugewandt - die weißen Sandstrände der Tay-Förde. Das 1495 gebaute Broughty Castle diente noch in den Weltkriegen als Verteidigungsanlage und beinhaltet heute ein Burgmuseum.
Am Neujahrstag findet im beliebten Strandvorort das N’erday Dook (New Year’s Day Dip) statt, wo sich Schwimmer in die Fluten des Tay stürzen.
Claypotts Castle
Die im 16.Jh. von John Strachan erbaute Burg ist eines der feinsten und besterhaltensten sogenannten „Z-Plan-Häuser“ in Schottland. Mit Türmen an den gegenüberliegenden Ecken eines rechteckigen Zentralblock zählt die Burg zu den “Tower Houses”, die eine Kreuzung von Festung und Villa darstellten, die in Schottland sehr üblich war (► Castles, Burgen und Schlösser in Schottland).
RRS Discovery
Die Hauptattraktion von Dundee! Der berühmte Dreimaster von Captain Scott war eines der letzten holzgefertigten, britischen Dreimastschiffe und ausschließlich zur wissenschaftlichen Beobachtung bestimmt.
Das königliche Forschungsschiff wurde in Dundee gebaut, 1901 vom Stapel gelassen und hat das Expeditionsteam um Scott bis 1904 in die Antarktis gebracht.
Nachdem es jahrelang auf dem Themse-Damm in London verrottete, wurde es vollständig restauriert und stellt heute eine der Hauptattraktion von Dundee dar.
Es bietet einen aufregenden Blick in das Leben des kühnen Entdeckers, der schließlich auf dem Rückweg vom Pol ums Leben kam.
HM Frigate Unicorn
Das älteste in Großbritannien gebaute Kriegsschiff wurde 1824 für die Royal Navy konstruiert und ist immer noch seetauglich. 46 Geschützen befinden sich an Bord neben Offiziersquartieren, Speiseräumen und den zusammengepferchten Kajüten der Matrosen. Als Besucher bekommt man einen interessanten Einblick in die Bedingungen an Bord eines Segelschiffes.
Howff-Friedhof
Dundees ältester Friedhof war ein Geschenk Maria Stuarts an die Einwohner der Stadt.
Einst der Obstgarten eines Franziskanerklosters, diente er später den Handwerksgilden als Versammlungsort. Die bemoosten Grabsteine tragen deren handwerkliche Symbole und Zeichen und sind zwischen 150 und 400 Jahre alt. Der Friedhof gilt als einer interessantesten schottischen Friedhöfe.
McManus Galleries
Das neugotische Gebäude am Albert Square wurde ursprünglich als Denkmal für Prince Albert auf Sumpfland gebaut. Die Ausstellung zeigt europäische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts und die Arbeiten schottischer Künstler wie George Dutch Davidson und James MacIntosh Patrick.
Verdant Works
Vom Beginn in Indien bis zur Verarbeitung zu den einzelnen Produkten in den Mühlen Dundees folgt das preisgekrönte Museum der Jute-Industrie. Die Jute-Verarbeitung war früher ein Hauptzweig der Industrie in Dundee, in dem über 40000 Menschen angestellt waren. Die interaktive Ausstellungen in einer der früheren Jutemühlen arrangiert originale Maschinen, Bildschirme und Filme, um die Lebensbedingungen der Arbeiter und reichen Jute Barone zu illustrieren.
V&A Museum of Design
2018 wurde im Hafenareal mit dem V&A das erste Designmuseum Schottlands eröffnet. Nach den Plänen des japanischen Architekten Kengo Kuma, der sich von den Steilklippen an der schottischen Ostküste inspirieren liess, wurde es direkt am Wasser errichtet.
Das V&A ist mittlerweile eines der Wahrzeichen für das neue, aufstrebende, coole Dundee.
Eine der Hauptattraktionen ist das Eichenzimmers des Jugendstilkünstlers Charles Rennie Mackintosh, das über 16 Monate lang restauriert und im Museum installiert wurde.